Geldwäscheprävention: Einsatz für den KYC Check

Know Your Customer: Was sich auf den ersten Blick wie eine Banalität liest, ist im Hinblick auf das Geldwäschegesetz ein vorgeschriebenes und bedeutendes Prinzip in der Geldwäscheprävention.

Dr. Elena Scherschneva ist Österreichs führende Trainerin im Bereich der Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Im Interview habe ich mit ihr über die Bedeutung des KYC-Prinzips, die sich daraus ergebenden Verpflichtungen und den Prüfungsprozess gesprochen.

Banken, Kreditinstitute und weitere Finanzdienstleistungsunternehmen kennen das Prinzip des Know-Your-Customer-Checks ganz genau. Sie sind bereits seit vielen Jahren verpflichtet, ihre Geschäftskunden zu identifizieren und zu überprüfen. Aber was genau heißt das? Und ist nur das Finanzwesen betroffen? Gibt es Konsequenzen, wenn die Prüfpflicht missachtet wird?

Eines vorweg: Im Sinne des Geldwäschegesetzes müssen die sogenannten gesetzlich Verpflichteten die Identität ihrer Kunden kennen, noch bevor sie eine Geschäftsbeziehung anbahnen. Dies betrifft eine Vielzahl von Unternehmen und Personengruppen – also nicht nur den Finanzsektor. Mit der Identität des Kunden können und sollen mögliche Straftaten wie Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und weitere Arten der Wirtschaftskriminalität aufgehalten und bekämpft werden.

Liebe Frau Dr. Scherschneva, wie würden Sie das Know-Your-Customer-Prinzip beschreiben und weshalb ist es so wichtig?

Das Know-Your-Customer-Prinzip bedeutet, wie der englische Name bereits sagt, dass Sie als verpflichtete Berufsgruppe Ihre Kunden kennen müssen. Dazu gehört es unter anderem, dass Sie die Identität des Kunden feststellen, wirtschaftliche Eigentumsverhältnisse prüfen und in Erfahrung bringen, welche Art von Geschäften der Kunde mit Ihnen durchführen will. Nur dann sind Sie in der Lage, Abweichungen in seinem Verhalten wahrzunehmen und mögliche Verdachtsmomente zu erkennen.

Mit welchen Strafen müssen Verpflichtete rechnen, wenn sie ihrer Verpflichtung nach dem Geldwäschegesetz nicht nachgehen?

Das Geldwäschegesetz sieht Strafen für Verpflichtete vor – diese können je nach Verstoß von einer bloßen Abmahnung bis hin zu Strafen in Millionenhöhe reichen. Wenn es sich über den Einzelfall hinaus um systematische Verstöße handelt, kann einem Unternehmen sogar die Konzession oder eine andere Berufsberechtigung entzogen werden.

Wann müssen Legitimationsprüfungen durchgeführt werden? Gibt es Grundsätze, die beachtet werden müssen, z.B. wie oft Prüfungen stattfinden sollten?

Grundsätzlich muss der gesamte KYC-Prozess vor Begründung einer Geschäftsbeziehung durchgeführt werden. Die Häufigkeit der Aktualisierungen wird risikobasiert – also je nach individueller Einstufung des Kunden in eine bestimmte Risikogruppe – durchgeführt. Konkrete Anhaltspunkte finden Sie in Informationsschreiben und Empfehlungen Ihrer zuständigen Aufsichtsbehörde.

Sollten Unternehmen bzw. Personen, die einen KYC-Check durchführen, speziell geschult werden? Und wenn ja, weshalb?

Wie jedes Handwerk muss auch die Überprüfung von Personen und Unternehmen gelernt und geübt werden. Regelmäßig Schulungen sind daher unumgänglich. Die Prüfungsergebnisse bilden das Fundament für die Compliance-Sicherheit in Ihrem Unternehmen. Auch wenn Sie diese Checks auslagern müssen Sie sichergehen, dass der Beauftragte seine Aufgabe präzise und mit dem nötigen Know-how durchführt.

Worauf ist im KYC-Prozess zu achten und welche Regeln gibt es z.B. in Verbindung mit einem Nachweis der Sorgfaltspflicht?

Neben den bereits erwähnen Angaben zum KYC müssen Sie auch prüfen, ob Ihr Kunde eine politisch exponierte Person (PEP) ist oder aus anderen Gründen ein erhöhtes Risiko für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in sich birgt. Die wichtigste Regel dabei ist, dass das Prüfungsergebnis für Sie plausibel sein sollte. Sie müssen das Geschäftsmodell des Kunden verstehen und risikobasiert einer Risikoklasse zuordnen. Abhängig davon gestalten sich dann auch die erforderlichen Maßnahmen und Prüfungsintervalle. Besonders wichtig ist, dass Sie alle Ihre Schritte dokumentieren und die eingeholten Dokumente und Unterlagen sorgfältig aufbewahren.

Tiefer ins Thema einsteigen:

Für eine Digitalisierung der Compliance-Prozesse mittels einer KYC-Software sprechen vor allem folgende fünf Punkte, die mein Kollege Ole Barkmann für Sie zusammengestellt hat.

Wo liegt der Unterschied zwischen der Prüfung von politisch exponierten Personen (PEP) und Sanktionslistenprüfungen?

Im Grunde sind dies zwei völlig unterschiedliche Prüfungsstränge. Ist Ihr Kunde eine PEP, dürfen Sie das Geschäft eingehen. Sie müssen lediglich beachten, dass PEP ein erhöhtes Risiko mit sich bringen. Daher sind diese Kunden intensiver zu beobachten und ihre Handlungen strenger zu hinterfragen. Wenn jemand auf einer Sanktionsliste geführt ist, schließt dies in der Regel das Eingehen einer Geschäftsbeziehung aus.

Wie müssen die nach dem GwG Verpflichteten vorgehen, wenn sie einen Treffer oder einen verdächtigen Treffer bei der Prüfung gefunden haben?

Wenn Sie einen Verdacht oder berechtigten Grund zur Annahme haben, dass eine Transaktion mit Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder einer anderen strafbaren Handlung in Zusammenhang steht, empfehle ich an die Geldwäschemeldestelle (FIU) eine Verdachtsmeldung zu erstatten.

Geldwäsche – Al Capone 4.0

In unserem Podcast spricht Ole Barkmann mit Claudia Di Chio über die Hintergründe der Geldwäsche-Kriminalität, welche Rolle eine Bargeldobergrenze dabei spielt und welche neuen Ansätze sich durch den Einsatz von Kryptowährungen ergeben. Außerdem kommt zur Sprache, wie Unternehmen sich besser schützen können und welche Rolle eine KYC-Software dabei einnehmen kann.
Tipp!

Als ehemalige Leiterin der Geldwäschemeldestelle im Bundeskriminalamt in Wien und Expertin für die Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung haben Sie schon einige Fälle unmittelbar miterlebt. Möchten Sie uns einen Fall berichten?

Besonders spektakulär fand ich einen Fall, bei dem ein Betrüger seinen Opfern Investitionen in Wertpapiere angeboten hatte und sie so zur Zahlung von mehreren Tausend Euro bewegt hat. Dafür hatte er mehrere Konten, lautend auf verschiedene Unternehmen, eingerichtet. Der Täter hat die Geldbeträge sofort nach Einlangen auf sein privates Konto und das Konto seiner Frau transferiert. Von Investitionen gab es keine Spur. Zum Glück war das Finanzinstitut aufmerksam und die Mitarbeiter gut geschult. Durch eine rechtzeitige Verdachtsmeldung konnte ein Schaden in der Höhe von mehreren Hunderttausend Euro abgewendet werden.

Was möchten Sie unserer Leserschaft noch unbedingt empfehlen?

Die kriminelle Welt verändert sich rasant. Vermögenswerte können mit den aktuellen technischen Mitteln sehr schnell von A nach B bewegt werden und die Täter sind dabei sehr kreativ. Es ist daher zunehmend wichtiger, dass Sie lernen, Ihre Produkte und Dienstleistungen mit den Augen eines Kriminellen zu betrachten und so mögliches Missbrauchspotenzial zu erkennen. Diese Fähigkeit, kombiniert mit fachgerechten Compliance-Systemen und Strategien, hilft Ihnen, Verdachtsmomente zu erkennen und entsprechend zu handeln. Trauen Sie sich außerdem bei der Begründung von Geschäftsbeziehungen Kunden abzulehnen, wenn diese nicht in Ihr Risikoprofil passen. Das erspart Ihnen viele Sorgen im Nachhinein.

Vielen Dank für das interessante Gespräch!

Über Dr. Elena Scherschneva

Dr. Elena Scherschneva ist Österreichs führende Trainerin im Bereich der Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Sie ist seit über zehn Jahren in diesem Bereich aktiv und begleitet Unternehmen auf dem Weg in die praxisnahe und unkomplizierte Umsetzung von Geldwäsche-Compliance-Bestimmungen. Sie ist Gründerin der AML-Akademie, dem Verein zur Förderung der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und international gefragte Vortragende und Expertin. Als ehemalige Leiterin der österreichischen Geldwäschemeldestelle (A-FIU) wirkte sie u.a. an der Verfassung und Umsetzung der vierten und fünften EU-Geldwäsche-Richtlinie mit. Dr. Elena Scherschneva studierte Rechtswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz und Kriminologie an der Universität Hamburg. Sie verfügt über eine CAMS-Zertifizierung (Certified Anti Money Laundering Specialist) und entwickelte für die Austrian Standards die Zertifizierung zum Geldwäsche-Compliance-Experten.

Bildquelle: Shutterstock; Dr. Elena Scherschneva

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