In meinem letzten Beitrag „3 Hebel für mehr Produktivität in der Softwareentwicklung“ habe ich anhand von Erfahrungswerten aufgezeigt, welche Auswirkungen industrielle Methoden wie Standardisierung und Automatisierung auf die Produktivität haben. Dabei strebt Softwareentwicklung mit industriellen Mitteln keine „Massenproduktion” gleichartiger Produkte an, sondern ermöglicht im Gegenteil durch eine kleinteilige Standardisierung fachlicher und technischer Komponenten einen hohen Grad an Individualisierung.
Blogserie: Produktivität in der Softwareentwicklung
- Produktivitätssteigerung in der Softwareentwicklung – eine Buchvorstellung
- Neues Buch: Produktivitätssteigerung in der Softwareentwicklung – Teil 2
- Drei Hebel für mehr Produktivität in der Softwareentwicklung
- Produktive Softwareentwicklung erfordert ein Managementmodell
- In der Softwareentwicklung ist jeder Fehler eine Chance
- Produktiver Durchblick: Monitoring in der Softwareentwicklung
Punktuelle Maßnahmen sind keine Garantie für nachhaltige Verbesserungen
Einzelne Verbesserungsmaßnahmen reichen erfahrungsgemäß nicht aus, um die Produktivität signifikant und nachhaltig zu steigern. Alleine die Einführung eines Modellierungstools garantiert noch nicht die Vorteile, die insgesamt durch modellbasierte Entwicklung möglich sind: Es muss von den Mitarbeitern auch ohne großen Aufwand bedient werden können. Erfordert die Modellierung sowohl fachliches als auch technisches Wissen, sind eventuell andere Rollen bzw. Skills erforderlich. Die Erstellung der Modelle muss (möglichst ohne Medienbrüche) einen direkten Nutzen für die nachfolgenden Prozessschritte haben.
Manchmal führen vermeintliche Verbesserungsmaßnahmen zu einer Verschlechterung der Produktivität. Möglicherweise stellt sich dies auch erst nach Abschluss einer Neuentwicklung heraus, wenn das entsprechende Produkt weiterentwickelt wird. Daher besteht die Notwendigkeit von Messungen, um die Wirksamkeit der Maßnahmen über einen längeren Zeitraum verlässlich festzustellen. Bei diesen Messungen sollten mindestens Qualität und Produktivität betrachtet werden, da es durchaus von Nachteil wäre, Produktivität zu Lasten der Qualität zu verbessern und umgekehrt. Hinzu kommt noch die Erfahrung, dass Verbesserungsmaßnahmen umso effektiver sind, je besser sie im Vorfeld geplant werden. Bei der Planung sollte man sich über ihre Kosten und die Hebelwirkung im Klaren sein. Wichtig sind auch Erfahrungswerte, wie sich unterschiedliche Maßnahmen gegenseitig beeinflussen.
Die theoretische Funktionsweise des Modells
Das seit mehreren Jahren bei der PASS Consulting Group eingesetzte Managementmodell basiert auf drei Leistungskennzahlen (Key Performance Indicators, KPIs) und den zugehörigen Messmethoden. Die Produktivität eines Entwicklungsprozesses wird anhand von Messungen des Entwicklungsumfangs und des dafür benötigten Personalaufwands errechnet. Wegen der Abhängigkeiten erfordert eine analytische Betrachtung der Produktivität auch eine gleichzeitige Messung der Qualität – und somit eine weitere Messmethode. Schließlich sollten nicht nur Personalkosten berücksichtigt werden, sondern auch Lizenz- und Infrastrukturkosten. Daraus ergeben sich die drei KPIs Produktivität, Kosten und Qualität.
Das Modell erfordert zyklisch zu wiederholende Messungen, eine analytische Auswertung der Ergebnisse sowie eine darauf basierende Optimierung. In der Phase der Optimierung spielen die sogenannten Key Performance Areas (KPAs) eine bedeutende Rolle. Dabei handelt es sich um Bereiche, die einen unterschiedlich großen Einfluss auf die KPIs haben und somit Handlungsfelder für mögliche Verbesserungsmaßnahmen darstellen. KPIs verraten, ob Produktivität, Kosten und/oder Qualität gegenüber der Baseline oder im Vergleich mit anderen Organisationseinheiten verbesserungswürdig sind. KPAs geben eine Orientierung dafür, in welchen Bereichen Maßnahmen zur Verbesserung dieser KPIs erfahrungsgemäß besonders wirksam sind. Ergänzt wird eine solche Betrachtung meist durch eine Berechnung der zu erwartenden Verbesserung auf Basis der Reichweite einer Maßnahme und eventueller gegenseitiger Beeinflussungen mehrerer Maßnahmen.
Nach der Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen zeigen die in den nächsten Zyklen erhobenen und ausgewerteten KPIs, ob die Annahmen zur Wirksamkeit zutreffen oder ob Steuerungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, z.B. eine Nachkalibrierung der angenommenen Hebelwirkungen im KPI/KPA-Modell. Diese Informationen stellen eine wichtige Grundlage zur Steuerung der Organisation dar und dienen darüber hinaus zur Kontrolle der Konformität mit den Unternehmenszielen.
Praktische Umsetzung
Die PASS Consulting Group wendet dieses Managementmodell seit mehreren Jahren an. Herzstück ist eine eigenentwickelte Methode zur Messung des funktionalen Umfangs, die Data-Interaction-Point-Methode. Die Anwendung der Messmethoden, ihre Auswertung und die Phase der Optimierung werden in einem monatlichen Zyklus durchgeführt. Die Ergebnisse werden im sogenannten Quality Controlling Meeting (QCM) den betroffenen Entwicklungsverantwortlichen und dem Strategischen Management präsentiert und in diesem Gremium wird über Optimierungen entschieden.
Das Managementmodell und seine praktische Anwendung werden detailliert im zweiten Buch der Buchreihe „Produktivitätssteigerung in der Softwareentwicklung” beschrieben.
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Einzelne Verbesserungsmaßnahmen reichen nicht aus, um die Produktivität signifikant und nachhaltig zu steigern. Alleine die Einführung eines Modellierungstools garantiert noch nicht die Vorteile, die insgesamt durch modellbasierte Entwicklung möglich sind. Es muss von den Mitarbeitern auch ohne großen Aufwand bedient werden können.